Schmerztherapie, ambulant, Winterberg-Krankenhaus Saarbrücken 2003.
Der Arzt referiert darüber, was man an einem schlechten Tag tun soll. Seine Antwort Empfehlung: An einem schlechten Tag, nehmen sie sich einfach ein Buch und setzen sich in eine Ecke und entspannen ein bisschen. Wenn sie nicht gerne lesen, dann tun sie eben etwas anderes was ihnen gut tut. Ich frage Ihn, wie er sich das vorstellt. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt ein Kleinkind von zwei Jahren zu Hause rum flitzen. In die Ecke setzen, ein Buch lesen- undenkbar. Ich dachte auch an die anderen Aufgaben, Arbeiten gehen (zu dieser Zeit war ich in der Elternzeit, wollte aber ja auch wieder in meinen Beruf zurück), Haushalt oder eben alle anderen Dinge die einfach wichtig sind. Seine lapidare Antwort damals: Sie sind ein Typischer Fibromyalgie Patient. Die meinen immer sie müssen alles tun. Hat mir diese Antwort damals geholfen? Um Gottes willen nein! Im Gegenteil, ich habe mich total geärgert. Ich fand die Antwort damals unglaublich anmaßend. Löste sie doch mein Problem so rein gar nicht. Und? Hat er Recht gehabt? Ja und Nein!
Warum dieser Rat nur zum Teil richtig war!
Vielleicht reden wir zuerst mal darüber, was an diesem Rat richtig war. Wenn nix mehr geht musst du dir Entlastung suchen. Wenn du einen schlechten Tag hast bringt es dir nichts, wenn du auf biegen und brechen dein Programm durchziehst, weil es sonst als Boomerang zurück kommt. Der nächste Tag wird dann nicht besser, sondern mindestens genau so schlecht. Ja ich weiß, es ist immer wieder hart Dinge ab zu sagen, die einem wichtig sind. Das schlechte Gewissen beißt, weil der Haushalt aussieht als hätte eine Bombe eingeschlagen. Du hattest schon den x-ten Krankenschein. Es fehlen doch eh schon genug Kollegen. Der Chef wird sich nicht freuen. Und, und ,und…. Dennoch ist es wichtig, das du dir dann irgendwie Zeit für dich nimmst. Wann wird es krisselig? Und das war genau der Punkt der mich so geärgert hat. Es waren zwei entscheidende Dinge:
Erstens: Ich wollte mein Leben weiter so leben wie bisher und mich nicht von meiner Erkrankung bestimmen lassen.
Mein Kind war mir wichtig, ich wollte mit ihm spielen und nicht unfähig auf der Couch rumhängen. Der Haushalt war doch meine Aufgabe und der sollte nun mal anständig sein. Vielleicht ist es bei dir die Arbeit, du willst vielleicht Karriere machen. Oder was auch immer. Fest steht man hat sich sein Leben anders vorgestellt. Vermutlich hat man sich auf den Tag gefreut, den man da geplant hat. Man hat irgendwo vielleicht auch Verantwortung übernommen, freiwillig, gerne und soll nun Absagen. Man möchte auch niemanden enttäuschen. So hat man sich das eben nicht gewünscht.
Dazu kommt bei Fibromyalgie auch noch der Umstand, das nicht alle Tage gleich sind. Gestern ging es ja vielleicht besser und unter den Umständen von Gestern wäre ja alles gegangen was du dir für heute vorgenommen hattest. Der Arzt konnte diesen Umstand nicht verstehen. Er sprach von Theorie. Er konnte nicht verstehen das ich gar kein Buch lesen wollte. Mein Leben sollte einfach so laufen, wie ich es geplant hatte.
Zweitens: Das ein oder andere ließe sich nur mit unverhältnißmäßigen Einschnitten realisieren.
Denn sind wir mal ehrlich, alles ließe sich abstellen. Ich hätte mein Kind komplett abgeben können. Nicht nur für ein paar Stunden, dann hätte ich mich nie mehr um es kümmern müssen und hätte den ganzen Tag zeit gehabt mich mit einem Buch in die Ecke zu setzen. Mein Mann hätte kündigen können um sich um das Kind zu kümmern, wer braucht schon Geld?
Man könnte generell kündigen, wenn man einen Job hat und zum Sozialamt ziehen, von Harzt 4 leben, auch dann müsste man sich keine Sorge mehr um eine Krankmeldung machen. Den Haushalt lässt man verlottern oder lässt sich gleich in ein Heim einweisen. Dann verliert man eben sein Haus, seine Job, seine Kinder oder seinen Partner oder was auch immer.
Wie du schon siehst, alles unverhältnißmäßig und in meinen Augen nicht gerade erstrebenswert 😉 Wenn man nichts mehr hat, kann man tun und lassen was man möchte und sich an einem schlechten Tag eben auch einfach hin setzten und ein Buch lesen. Auch das war ihm nicht klar oder es war ihm egal das es Dinge gibt im Leben, die es ohne folgen nicht einfach zulassen sich mal eben so in die Ecke zu setzen.
Ich weiß das du dir dein Leben anders vorgestellt hast. Ich mir auch 🙂
Für den ersten Punkt ist es dennoch wichtig, das du zu einer Änderung deiner Einstellung kommen kannst. Du musst akzeptieren, das deine Erkrankung nun zu deinem Leben dazu gehört. Im besten Fall, lernst du dein Leben so zu gestalten, das es kaum noch zu solch schlechten Tagen und Schüben kommt. Ja, dazu gehört auch, sich erst mal von dem ein oder anderen Traum zu verabschieden und es wird den ein oder anderen bitteren Moment geben. Die Sache ist die- wenn du dein geplantes Lebenskonzept weiter durchdrückst, dann wird immer weniger möglich sein. Wenn du nicht, gerade am Anfang deines Weges mit der Erkrankung, das ein oder andere Mal zurück steckst, dein Leben umgestaltest und auch mal von deinem Plan abrückst, wirst du immer mehr Absagen müssen was dir lieb ist. Ich sage das nicht so leicht, glaube mir, auch ich hatte viele dieser Momente in denen mir einfach nur zum heulen war. Arbeite mit dem an Energie was du hast und nicht darüber hinaus und du wirst sehen das noch einiges drin ist.
Langfristige Lösungen für schwerwiegende Dinge suchen!
Jetzt reden wir mal über die unverhältnißmäßigen Dinge. Diese lassen sich vermutlich heute, an deinem schlechten Tag, nicht ändern. Ich musste an diesem Tag dann eben doch nach meinem Kleinkind schauen. 🙂 Du kannst da aber versuchen für die nächsten Male, oder auf lange Sicht Lösungen zu finden. Versuche dir zum Beispiel ein Netzwerk auf zu bauen. Hast du jemand der dir helfen könnte? Eine Tagesmutter? Kann dein Kind länger in die Kita? Gibt´s eine nette Nachbarin? Vielleicht gibts auch eine Nachbarin die dir mal helfen kann mit dem einkaufen, dem kochen oder dem Bügeln. Kann die Familie einspringen? Kann dein Mann/ deine Frau sich doch mal frei nehmen.
Haushalt? Hakuna Mattata
Was den Haushalt angeht, hilft auch eine gehörige Portion Gelassenheit. Es ist wie es ist und wenn es jemand stört soll er doch kommen und es wegmachen. An dieser Stelle jedoch eine Warnung: Wenn du heute einen schlechten Tag hast und es dir morgen besser geht ist es eine gaaaaanz schlechte Idee alles was liegen geblieben ist im Hau Ruck verfahren auf zu arbeiten. Dann ist der nächste schlechte Tag nämlich vorprogrammiert. 😉
Der Job- da musst du speziell hinsehen
Der Job ist natürlich eine ganz spezielle Sache. Wenn es gut läuft hast du einen Verständnisvollen Chef. Wenn es weniger gut läuft hast du viellicht die Möglichkeit deine Arbeitszeit zu reduzieren, einen Schonplatz zu bekommen oder dich an eine ruhiger Position in der Firma versetzen zu lassen. Wenn du auch das auf Dauer nicht packst und du merkst das du regelmäßig auf der Arbeit über deine Grenzen gehst, musst du dir auf Dauer eine andere Möglichkeit suchen um Geld zu verdienen
Doch was heißt das nun für uns an einem schlechten Tag?
Schaue heute aktuell nur auf Dich! Lass tatsächlich alles ausfallen was geht, auch wenn es schwer fällt, denn du weißt, das sonst noch viele weiter Tage kommen an denen du noch viel mehr ausfallen lassen musst. Überlege was wichtig ist und was getrost morgen noch da liegt, auch wenn du es dir anders gewünscht hast. Mache nur die Dinge die unverhältnissmäßige Folgen nach sich ziehen würden wenn du sie einfach liegen lässt und sich heute keine andere Möglichkeit findet, suche aber für die Zukunft auch hier nach Lösungen. Baue dir ein Netzwerk auf, das dich unterstützt und dir im Notfall bei springt. Versuche trotz dieser Dinge so viel Freiraum wie möglich zu bekommen. Stelle wirklich hart in Frage was wirklich wichtig ist und was du eben nur nicht aufgeben willst.
Sich nur mit einem guten Buch in die Ecke setzen ist nur die halbe Miete, du brauchst mehr!
Du musst eher sehr genau hin sehen was du an diesem Tag brauchst. Wenn du einen Schub hast, kannst du nicht tagelang nur rum sitzen oder liegen. Damit wirst du mehr kaputt wir ganz machen. Es ist wichtig an solchen Tagen wieder ganz bewusst Entspannung und Bewegung zu koppeln. Genau zu fühlen bis wohin du gehen kannst und was zu viel ist. Vielleicht tatsächlich den überwiegenden Teil des Tages zu ruhen, doch gezielt an der Bewegung zu arbeiten. Mein Körper hat an einem schlechten Tag sicher nie nach Bewegung gerufen 🙂 Dennoch darfst du diese NIE ganz auslassen.
Auch hier hat der Arzt mit- machen sie einfach was Ihnen gut tut, ruhen sie sich aus- ein bisschen zu kurz gegriffen. Denn der Hinweis, das nicht alles was für die Zukunft gut tut sich an diesem Tag auch gut anfühlen wird, wäre hilfreich gewesen. Ich weiß, ich verlange viel von dir, doch das ist eine der Grundlagen, das du eines Tages wieder das meiste von dem Tun kannst was du dir wünschst.
Ich wünsche dir von Herzen, das dein schlechter Tag schnell vorbei ist und du nicht so viele Herzenstermine in deinem Leben absagen musst <3
Sei achtsam mit deinem Körper, sei liebevoll mit Dir.
Deine Claudia
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