Leichter gesagt als getan.
Es geht dir elend, vermutlich hast du dich gerade heute irgendwie zum Arzt geschleppt, wie immer mit der Hoffnung auf die Lösung. Mit der großen, irgendwann nicht mehr so großen Hoffnung, das man dir schnell helfen kann und dieser Alptraum in ein paar Wochen endlich vorüber ist. Doch im Grunde stehst du hinterher genau so schlau vor der Tür wie vorher. Nein, man hat wieder nichts gefunden, die Ratschläge erscheinen dir wie Rat- Schläge. An dem Ratschlag „Sport“ bleibst du kleben.
Wie stellen die sich das vor? Du hast es kaum bis hierher geschafft. Daheim bleibt alles liegen und du kannst schon lange nicht mehr die Dinge tun die du gerne willst. Sport stand bei dir eh noch nie sehr weit oben auf der Prioritätenliste. Oder, es hatte sogar eine sehr hohe Priorität doch die Erfolge von „vor Fibromyalgie“ scheinen so weit weg. Der Gedanke an eine Wiederholung unmöglich. Mir sind bei diesen Gedanken regelmässig die Tränen in die Augen gestiegen.
Doch du probierst es aus und…. es klappt nicht.
Natürlich probierst du es aus. Du probierst alles aus was dir da raus helfen könnte, also auch das.Vielleicht sogar- und das ist verhängnisvoll- zusammen mit einer Physiotherapeutin. Und nach der ersten Trainingseinheit fühlst du dich wie erschlagen. Du krabbelst auf allen vieren auf die Couch und bleibst dort für die nächsten drei Tage. Und du stellst dir wieder die Frage was dir das bringen soll. Eigentlich kannst du keine Verbesserung feststellen, im Gegenteil. Du fühlst dich vielleicht sogar bestätigt: Sport trotz Fibromyalgie- das geht nicht.
Die schlechte Rückmeldung kommt sofort- die gute erst nach Wochen.
Was ist passiert? Warum findet der Arzt es so gut (und ich bin an dieser Stelle seiner Meinung), wenn es doch gefühlt alles nur noch schlimmer macht? Das hängt gleich an mehreren Dingen.
Die Art wie du als Fibromyalgie Patient Sport machen solltest hat nichts mit der Art Sport zu tun die wir alle im Kopf haben.
An was denkst du, wenn du an Sport denkst? Du denkst an schwitzende hart trainierende Menschen. An jede Menge Kraft die du aufbauen musst um Gewichte zu stämmen oder du denkst an das auf die Zähne beißen, wenn du die Laufstrecke die du dir vorgenommen hast im schnellstmöglichen Tempo läufst. Überraschung- Training geht auch anders. Es darf leicht gehen und auch das ist auch schon genug Training, denn die Bewegung an sich ist für dich ja schon oft eine Überwindung. Ein moderates, leichtes Training ist, gerade am Anfang ,genau das Richige.,
Achte auf die Intensität.
Als nächstes gilt es nun darauf auf zu passen das du nicht über das Ziel hinausschießt und das geht bei uns Fibromyalgie Buddys verdammt schnell. Wenn du ein leichtes Training machst, dann kann es sein, das du aus oben genannten Gründen denkst das das Training nicht genug ist und….. es geht ja auch gerade in diesem Moment. Fibromyalgie Patienten sind oft Menschen die sehr viel von sich verlangen und damit bei einem Training Gefahr laufen sich zu überfordern. Die Zauberformel in diesem Fall lautet: Lieber öfter und dafür nicht so hart statt ein mal und nie wieder.
Du siehst gesund aus, du wirst auch so behandelt!
„Aber Claudia, ich hatte sogar eine Physiotherapeutin/ Sporttherapeut der mit mir einen persönlichen Trainingsplan aufgestellt hat, ich konnte es dennoch nicht“ Ich habe in der Vergangenheit selbst erlebt, das auch Fachpersonal deine Erkrankung einfach nicht nachvollziehen kann. Die Pläne werden anhand von Alter, ein paar Tests (bei denen du ja das Gewicht gut drücken konntest, die Strecke gut laufen konntest- einmal) und ein paar allgemeingültigen Faktoren aufgestellt. Keines dieser Pläne berücksichtigt deine Individuellen Schmerzen und deinen heutigen Akkustand. Im Gegenteil, dadurch das du ja „so gesund“ aussiehst und die Erkrankung ihren Psychosomatischen Ruf hat, wird dir eventuell mehr zugetraut als du wirklich, Fibromyalgie- fördernd leisten solltest. Diese Pläne können ein guter Anhaltspunkt sein, es geht jedoch nichts über dein persönliches Leistungsbarometer.
Hängst du unbewusst in der Vergangenheit?
Der nächste Punkt warum Sport trotz Fibromyalgie und damit eine Verbesserung deiner Symptomatik nicht funktioniert, ist deine Vergangenheit. Vielleicht fragst du dich jetzt was deine Vergangenheit damit zu tun haben soll und erwartest irgendeine Psycho- These aus deiner Kindheit. 🙂 Nein, es ist einfach die unbewusste Erinnerung an deine Zeit vor deiner Erkrankung, die dich ein falsches Tempo anschlagen lässt oder dafür sorgt das du zu viel Gewicht zu oft und zu stark bewegst. Kurzum deine Vergangenheit lässt dich das Training zu hart auslegen. Es zählt nur der heutige Tag, nicht die Zeit vor Fibro, nicht dein Alter, nicht das was du einmal konntest, ja noch nicht mal der Tag gestern zählt, du weißt genau wie ich, Fibromyalgie kann einem manchmal sehr unberechenbar vorkommen.
Schmerz und Schmerz- was schmerzt jetzt von was?
Auch das darfst du nun wieder lernen auseinander zu halten. Früher war es einfach. Du hattest keine Schmerzen, du hast trainiert, du hast Schmerzen bemerkt und es war für dich das Zeichen das das Training zu hart oder zu lange ist. Du hattest Schmerzen und wusstest- heute kann ich kein Training machen, denn mein Körper muss sich von irgendwas erholen und kann deswegen keinen Sport vertragen. Doch der neue Status Quo ist dein Dauerschmerz, mal mehr und mal weniger. Du darfst jetzt deinen Körper neu kennen lernen und zu unterscheiden was ist der Schmerz der eh da wäre und ab welcher Stelle mache ich alles nur noch schlimmer. Last but not Least:
Gibst du Sport die Richtige Priorität in deinem Leben?
Dein Fibrpmyalgie Alltag ist anstrengend und oft auch unbefriedigend, weil du bei weitem nicht all die Dinge tun kannst die du möchtest und die du gefühlt solltest. Das was du tust, konnte dann auch noch oft gerade nur so gemacht werden, weil deine Energie/ Schmerztoleranz nicht ausreichen. Und jetzt noch Sport trotz Fibromyalgie- das steht jetzt auch noch auf der To- Do Liste. Und weil dir die anderen Dinge so am Herz liegen schreibst du es ganz unten mit drauf und willst es, wenn es schon sein muss, noch dazu machen.
Das funktioniert so nicht.
Der Sport muss, zumindest eine Zeit lang, oberste Priorität für dich haben, denn er sorgt dafür, das du auf Dauer wieder mehr Energie und weniger Schmerzen hast um all die anderen Dinge zu tun die du so gerne tun würdest. Das heißt im Klartext: Erst kommt der Sport und dann gestaltest du den Rest des Tages nach dem Energielevel der dann noch da ist. Wenn du den Sport richtig machst und dich nicht überlastest, wirst du feststellen das es so viel weniger gar nicht ist, was du den Rest des Tages machen kannst und es wird sich auch bald steigern, so das du im Endeffekt nichts verlierst. Machst du es allerdings andersrum und willst den Sport am Ende des Tages noch dranhängen, dann wird der Effekt leider ein anderer sein oder du lässt es eventuell gleich bleiben.
Das Richtige Maß: Ein Drahtseilakt
Auch mir passiert es heute noch hin und wieder das ich die Grenze nicht richtig wahrgenommen habe. Wichtig ist das du es übst, es meistens richtig Einschätzen lernst und somit deine Leistungsfähigkeit deutlich steigern kannst. Es gibt Patientinnen, die es gut angefangen haben, sich dann ein paar Mal verschätzt haben und dann zu dem Schluß kamen, das es eben bei Fibromyalgie nicht geht. Lass dir gesagt sein es geht! Sport trotz Fibromyalgie funktioniert unter diesen Aspekten und ist das aus meiner Sicht beste Schmerzmittel bei Fibromyalgie das es gibt. Also bitte, bitte, lass dich von Rückschlägen nicht entmutigen. Geh die Sache richtig an, vorsichtig, behutsam, achtsam und du wirst den Erfolg bald für dich Erfahren.
Sei liebevoll mit dir und achtsam mit deinem Körper
Deine Claudia
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